Wie hat sich die Arbeit des DRK in Brandenburg in den vergangenen vier Jahren verändert?

F.-W. Hülsenbeck: Krisen und Not zu lindern gehört zur DNA des Roten Kreuzes – daher hat sich im operativen Tun nicht viel verändert. Was sich verändert hat, sind das soziale Umfeld und die Menschen, mit denen wir zu tun haben. Weil die Krisen, die wir erleben, die Menschen im Innersten treffen. Aber als DRK können wir nur sagen: Dafür sind wir da. Krisen verändern Menschen und daher müssen wir in Krisensituationen noch bedachter, ruhiger, aber auch entschlossener und klarer vorgehen, wenn wir Menschen helfen.

Worin zeigen sich die Stärken des Roten Kreuzes in Krisenzeiten?

F.-W. Hülsenbeck: Krise ist für das DRK kein Fremdwort. Es ist unsere Aufgabe, Menschen in der Not zu helfen und das ist auch die Motivation derjenigen, die sich für das DRK engagieren. Wenn wir helfen, spielt es keine Rolle, wer Freund und wer Feind ist – wir helfen allen, die in Not sind, und zwar jederzeit, ob Krise oder nicht. Das ist unser Auftrag. Im täglichen Tun ist das aber natürlich eine Herausforderung, da es nur menschlich ist, Dinge einzuordnen.

Inwiefern helfen die Strukturen, die das Rote Kreuz in Brandenburg hat, gerade in Krisen so zu helfen, wie es nötig ist?

H. Diemer: Die Mission des Roten Kreuzes und unsere Grundsätze sind klar. Die Mission der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung ist es, menschliches Leiden überall und jederzeit zu verhüten und zu verhindern, vor allem in Zeiten bewaffneter Konflikte und sonstiger Notlagen. Das ist die Basis unserer Arbeit.

Als Verband sind wir in der Fläche Brandenburgs aktiv. Insbesondere in Krisenzeiten zeigt sich, wie eng verbunden wir miteinander sind und wie routiniert wir miteinander zusammenarbeiten. Wir wissen: Engagierte hauptamtliche Strukturen und ein starkes, krisenerprobtes Ehrenamt können sich gegenseitig aufeinander verlassen. Wir sind daher schnell einsatzfähig, auch in komplexen und neuen Situationen. Weil wir die gleichen Grundsätze leben, ein gleiches Grundverständnis haben.

Wir müssen uns im Umgang mit Krisen aber auch immer bewusst machen, dass wir in einer sehr fragilen Umwelt arbeiten. In unserer Gesellschaft leben viele Menschen, die in einer Krise zu vulnerablen Gruppen werden. Wir haben in Brandenburg zunehmend mit älteren Menschen zu tun, die zu Hause leben. Und ich glaube, dort müssen wir in dem Bereich der Krisenvorsorge und auch des Bevölkerungsschutzes deutlich besser werden, um auch auf diese multiplen Anforderungen besser vorbereitet zu sein. Das beginnt bei klimatischen Bedingungen und geht bis zu zunehmenden Konflikten.

Welche konkreten Projekte oder Maßnahmen hat das DRK in Brandenburg in den letzten vier Jahren umgesetzt, um resilienter zu sein?

H. Diemer: Wir haben uns ausgehend von Corona viel mit Digitalisierung im Verband beschäftigt. Aber auch Klimawandel und dabei der Schutz von vulnerablen Gruppen standen im Fokus. Hier führen wir seit diesem Jahr ein Projekt zum Thema Antizipation im Bevölkerungsschutz durch.

Was meiner Meinung nach in Zukunft noch einen starken Stellenwert in der Arbeit des Roten Kreuzes haben wird, ist der gesamte Themenbereich der zivilmilitärischen Zusammenarbeit. Dies gehört ebenfalls nach dem DRK-Gesetz zu unseren Aufgaben. Wir haben als DRK ein völkerrechtliches Mandat, aber da stehen wir in Deutschland noch ganz am Anfang – obwohl internationale Krisen auch näher an uns heranrücken.

Welche Rahmenbedingungen braucht das DRK in Brandenburg, damit wir die starken Strukturen in Katastrophenschutz und Wohlfahrt insbesondere in Zeiten multipler Krisen aufrechterhalten können?

H. Diemer: Die Rahmenbedingungen werden in Zukunft sicher härter. Die zentrale Frage ist: Wie viel Geld stellt der Staat für den Katastrophen- und Zivilschutz zur Verfügung? Welchen Stellenwert soll der Bevölkerungsschutz einnehmen? Wir schulen die Zivilbevölkerung in Erster Hilfe mit Selbstschutzinhalten. Das ist ein Ansatz, den wir bisher verfolgen. Aber das Projekt ist nur bis Ende 2024 Jahr finanziert. Wie sieht es nächstes Jahr aus? Das Rote Kreuz ist ein guter Partner, um Menschen darin zu schulen, wie sie sich in Krisen selbst besser schützen können.

Dann stellt sich natürlich die Frage, wie wir in Krisenlagen in Einrichtungen der Wohlfahrtspflege unterstützen, indem sich Menschen ehrenamtlich qualifizieren, um dann in so einem Fall zu helfen. Es stellt sich also die Frage, inwieweit ein Fokus nicht nur auf Verteidigung liegt, sondern auch auf Zivilschutz.

F.-W. Hülsenbeck: Die Politik muss begreifen, dass eine resiliente Bevölkerung ein Bewusstsein für Krisen haben muss und auch ein Bewusstsein dafür, wie man Krisen bewältigen kann. Dieses Bewusstsein schafft man nur durch Wissen und dieses Wissen erreichen wir nur durch Menschen mit der Kompetenz, dieses Wissen zu vermitteln. Das muss nachhaltig und langfristig erfolgen. Das kann nicht durch die Befristung von Projektförderungen geschehen. Es gibt Brände, die sind nicht mit Wasser zu löschen: Das sind die Brände innerer Notlagen und Verunsicherungen. Hierfür brauchen wir Strukturen, Hilfsmittel und vor allem Menschen, die bereit sind, sich langfristig für andere einzusetzen und einen klaren
Wertekompass besitzen, der sich aus unseren Rotkreuzgrundsätzen ergibt.

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